Redebeitrag Loschwitz

Hier der Redebeitrag, den wir theoretisch heute (Sonntag, 25.10.) gemeinsam mit den e*vibes in Loschwitz verlesen hätten mit einigen Informationen zu Strategien der Neuen Rechten, antifeministischer Politik und feministischen Forderungen.

Wir sind heute hier am 06. Jahrestag von PEGIDA in Loschwitz.
Doch warum sind wir hier, an einem Ort, der nicht unbedingt mit großen Demonstrationen verbunden wird? Einem Ort, der ein wenig abseits vom politischen Geschehen scheint? Und nicht zuletzt ein Ort abseits der Montagsaufmärsche?
Wir treffen uns hier, weil auch am beschaulichen, blauen Wunder menschenverachtend gehetzt wird. Und zwar genau hier, in dem so pittoresk anmutenden Buch- und Kulturhaus Loschwitz.
Doch zunächst ein kurzer Überblick: in diesem Redebeitrag werden wir zuerst auf die Mobilisierungsstrategien der Neuen Rechten eingehen, die hier [in Loschwitz] einen wichtigen Knotenpunkt hat. Als zweites werden wir darauf eingehen, welche antifeministische Politik damit verbunden ist. Zuletzt schließen wir wie jeder guter Redebeitrag mit Forderungen und einem Appell.

Strategien der Neuen Rechten

Seit fünfzehn Jahren finden hier [in dem Haus an der Friedrich-Wieck-Straße 6] literarische Abende und weitere Kulturveranstaltungen statt. Die Buchhandlung ist mehrfach ausgezeichnet, doch hinter dieser Fassade wird eine extrem rechte Politik vorangetrieben. Das Kulturhaus Loschwitz bietet Autorinnen und Autoren aus dem ideologischen Umfeld der Neuen Rechten eine prominente Bühne. Spätestens seit dem Oktober 2017 tritt die Inhaberin der Buchhandlung als politische Akteurin in Erscheinung. Damals initiierte sie einen Aufruf mit dem Titel „Charta für Meinungsfreiheit 2017“, der ungeachtet des hochtrabendes Namens in erster Linie die Teilnahme des extrem rechten Antaios-Verlags an der Frankfurter Buchmesse verteidigte.

Heute soll es aber weniger um die Persona Susanne Dagen gehen, über die schon viel berichtet wurde. Erst in dieser Woche haben wir ihre Verstrickungen in das rechte Netz um Pegida im Rahmen von #GuckMal dokumentiert.
Wir wollen heute vielmehr die verschiedenen Strategien neurechter Mobilisierung und Politik ins Auge fassen. Dafür wollen wir die Veranstaltungen und das Social-Media-Angebot vom Kulturhaus Loschwitz und Susanne Dagen als Mosaikstein im Kontext der digitalen Mobilisierungsstrategie der Neuen Rechten einordnen. Sicherlich ist ein Kanal mit etwa 1800 Abonnent*innen nicht gerade die Speerspitze der Internetbewegung, aber anhand ihrer Äußerungen und Handlungen lassen sich viele dieser Strategien analysieren.

Dagen bemüht oft das Motiv eines „einengenden Meinungskorridores“, der die Meinungsfreiheit unterbinde und die Demokratie gefährde. Das ist eine weitverbreitete Argumentationstaktik der Neuen Rechten: Ein Versuch, den Diskurs nach rechts zu verschieben und rassistische und menschenverachtende Hetze salonfähig zu machen. Kubitschek, Verleger des rechten Antaios-Verlages bezeichnet dieses Vorgehen entlarvend als „Selbstverharmlosung“: [Zitat] „Es ist der Versuch, die Vorwürfe des Gegners durch die Zurschaustellung der eigenen Harmlosigkeit abzuwehren und zu betonen, daß nichts von dem, was man fordere, hinter die zivilgesellschaftlichen Standards zurückfalle.“ [Zitat Ende]

So versucht auch Susanne Dagen ihre bürgerlich-konservative Maskerade aufrecht zu erhalten. Doch längst bröckelt die Fassade, inzwischen wird ihre Zusammenarbeit mit Götz Kubitschek und Ellen Kositza auch bei der ZEIT und dem Deutschlandfunk kritisch bemerkt.
Die Veranstaltungen mit dem gesamten Autor:innenspektrum des Antaios-Verlag sind dabei nur ein Teil der Geschichte. Die Krönung ist wohl der Autritt des österreichen „Identitären“-Chefs Martin Sellner in ihrem Youtube-Programm „Mit Rechten lesen“.
Spätestens jetzt müssten auch die wohlmeinendsten Verteidiger*innen zugeben, dass hier im Buchladen keinesfalls bürgerliche Debatten geführt werden, sondern eindeutig rechtes, faschistisches Gedankengut produziert und reproduziert wird.

Das Buchhaus Loschwitz ist der gezielte Versuch, eine Brücke zu schlagen. Eine Brücke zwischen rechten Vordenker:innen und – nennen wir es einmal einer gehobenen, konservativen Mittelschicht. Rotwein-trinkend über vermeintliche Sprechverbote diskutieren und sich über die Dekadenz des Abendlandes auslassen, gegen vermeintlich kulturell Andere sprechen, die natürlich in Ordnung sind, solange sie fleißig arbeiten. Das alles sind Praktiken, die wir nicht nur in der Neuen Rechten finden, das alles sind aber Anschlussstellen. Anschlusstellen, die von Dagen und anderen bewusst geschaffen und genutzt werden, um menschenverachtende Ideologie immer tiefer in die Gesellschaft zu verankern.

Antifeministische Politik

Doch neben der Analyse der Strategien wollen wir auch noch einen Blick auf die Inhalte der Neuen Rechten lenken: Eines ihrer wichtigsten Feindbilder, ist „der“ Feminismus, den sie gern als Genderwahn oder Gender-Ideologie darstellen.

Sie greifen Feminist*innen an, weil diese sich in einem angeblichen ‚Multikulti‘-Wahn nicht um die Rechte der „deutschen Frau“ kümmerten. Die neue Rechte versteht nämlich Sexismus lediglich als Problem des muslimisch markierten Mannes und nicht als grundsätzliches Problem einer patriarchalen Gesellschaft.
Sie werfen Feminist*innen vor, mit ihren Forderungen nach Gleichberechtigung zur „Verweiblichung“ des deutschen Mannes beigetragen zu haben. Dieser sei nun nicht mehr in der Lage‚ ihre deutschen Frauen vor fremden Männern zu beschützen. So nutzen sie den Vorwand der Verteidigung der Frauenrechte, um gegen gegen Geflüchtete und muslimische Personen im Allgemeinen zu agitieren.

Dieser Pseudo-Feminismus lässt sich leicht entlarven. Wenn nämlich Frauen selbst für das körperliches Selbstbestimmungsrecht auf die Straße gehen, wenn sie für die Abschaffung des Abtreibungsverbotsparagrafen §218 eintreten, ist das der Neuen Rechten auch wieder ein Dorn im Auge.

Als Gegenentwurf zu emanzipatorischen Forderungen verbreiten sie gebetsmühlenhaft das Mantra der naturgegebenen biologischen Unterschiedlichkeit der Geschlechter. Ihren festen Rollenvorstellungen sollen sich alle – aber am meisten natürlich Frauen – unterwerfen, um den Volkskörper stark und gesund zu halten.

Sie kritisieren Feminist*innen, weil diese in Frage stellen, ob Frauen naturgemäß gerne Mütter und Hausfrauen sind und Männer eben nicht.
Sie behaupten ständig, dass Feminist*innen schuld daran sind, dass Frauen entweder keine Kinder mehr bekämen oder eben sehr unter der Doppelbelastung zu leiden hätten.
Gleichzeitig werden feministische Forderungen nach Gleichberechtigung als kommunistische „Gleichmacherei“ abgewertet.

Ja, Frauen, alle Menschen sollen sich selbstbestimmt für ihren Lebensweg entscheiden können.
Ja, die doppelte Vergesellschaftung der Frauen ist zu kritisieren, also dass Frauen in zweifacher Weise ausgebeutet werden, durch unbezahlte Hausarbeit und marktvermittelte Lohnarbeit. Doch dafür sind wohl kaum die Feminist*innen verantworlich, sondern die kapitalistischen Verhältnisse.

Forderungen und Abschluss

Und weil ein Redebeitrag ohne Forderungen nicht komplett ist, haben wir extra für euch noch welche vorbereitet:

Wir fordern, dass sich die Dresdner*innen nicht mit Susanne Dagen, Tellkamp, Steimle, Bernig und co. gemein machen, die die alter Leier der angeblich verfolgten Dresdner Literatur- und Kunstszene abspulen. [Nur ein lascher Aufguss vom Mythos der Stadt Dresden, die ganz unschuldig unter dem 2. Weltkrieg leiden musste.]

Wir fordern, dass sich stattdessen alle mit den Menschen solidarisieren, die wirklich unsere Unterstützung benötigen. Mit den Betroffen von massiver rechter Hetze und Gewalt.
Mit Geflüchteten, den Menschen auf Lesbos, in Moria, die unter menschenunwürdigen Bedingungen Leben müssen. Denn das sind Menschen, die wirklich kein Gehör bekommen. Das sind Menschen, die wegen Verfolgung, Krieg und Frontex (repressive Abschottugspolitik) um ihr Leben fürchten müssen, und nicht um ein abblätterndes bürgerliches Image und schwindende Gewinne im Buchgeschäft.

Rechte Netzwerke aufdecken, bedeutet also auch, hinter die vermeintlich bürgerliche Maske zu blicken. Es umfasst, die Strategien der extremen Rechten zu entlarven und diese zu analysieren. Und es heißt, sich von ihren Inszenierungen nicht ablenken zu lassen!

Und noch etwas möchten wir an diesem Tag klar machen: Frauen sind in der politischen Rechten nicht einfach Zierde, sie sind politisch handelnde Subjekte. Nur wenn wir dies ernst nehmen, können wir ihre Rolle in der rechten Mobilisierung aufdecken und dagegen aktiv werden.

Wir hoffen, dass wir mit #GuckMal! dazu beitragen konnten, über die antifeministische Politik der Neuen Rechten in Dresden aufzuklären. Auf der Website der Gruppen e*vibes und femblockdd und bei Twitter findet ihr noch mehr Infos zu weiteren Orten und Akteur:innen des Netzwerkes um Pegida. Lasst uns aufmerksam bleiben für Ungerechtigkeit. Lasst uns widersprechen, wo Diskriminierung stattfindet. Und vor allem: lasst uns zusammen für unsere Utopien kämpfen! Für eine Welt, in der wir ohne Angst verschieden sein können!

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