Heute ist der 13. Februar – zum 75. Mal. Kein Tag wie jeder andere! Sondern ein Tag, an dem wie an fast keinem anderen Tag die Geschichte aus nationalistischem Interesse so stark verfälscht und unkritisch eingeordnet wird. Von der Stadt, von den sogenannten „Bürger*innen“, und auch von ganz offizieller Stelle wie dem Bundespräsidenten. Und natürlich von AfD, Burschis, und anderen Nazis.
Je nach Gruppierung wird ein unterschiedliches Bild von Deutschland, seiner Vergangenheit und Gegenwart gezeichnet – aber sie alle zeichnen mit an einer kollektiven, nationalen, „deutschen“ Identität. Diese nationale Identität soll dabei nicht mit der Gewalt in Verbindung gebracht werden, die in ihrem Namen ausgeübt wird. Um eine positive nationale Identität herzustellen, muss diese Gewalt relativiert werden. Und genau das passiert am 13. Februar in Dresden.
Ausgerechnet am 13. Februar wird öffentlich und kollektiv an Opfer von Krieg und Faschismus gedacht – z.B. durch die Menschenkette. Das soll zeigen, dass man jetzt kritisch ist mit der Vergangenheit und deswegen aller Opfer von Krieg und Faschismus gedenkt und nicht mehr wie früher nur denen des Bombenangriffs. Es ist aber absurd und auch gefährtlich, ausgerechnet am 13. Februar den Opfern von Krieg und Faschismus zu gedenken. Es wird so getan als könnten die Toten des Bombenangriffs auf Dresden gleichgesetzt werden mit den Opfern der Shoa, des Porajmos (also der Verfolgung und Ermordung von Sinti*zze und Rom*nja), des deutschen Vernichtungskrieges, mit den Opfern der Vernichtung sogenannnten „unwerten Lebens“, gleichgesetzt mit allen Opfern der Naziideologie. Diese Relativierung ist unhaltbar – Dresden war eine nationalsozialistische Stadt der Täter*innen. Antisemitische und rassistische Verfolgung und Ermordung, Zwangsarbeit, Deportationen, Rüstungsindustrie, sogenannte „Volkshygiene“, die Festung Dresden als militärischer Stützpunkt – alles andere als eine unschuldige Stadt, alles andere als ein unnötiger Bombenangriff!
Eine verantwortungsvolle Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit von Dresden erfordert also auch offenzulegen, wie Dresden aktiver Teil des Nationalsozialismus war. Und welche Anteile des Faschismus sich heute immer noch oder wieder finden lassen. Statt dieser Aufarbeitung stellt Dresden das nationalsozialistische Dresden als Opfer dar – und das aktuelle Dresden auch. Dresden will Symbol für Versöhnung und Frieden sein und sich als progressive, aufgeklärte Stadt darstellen, die nur immer wieder Opfer wird – Opfer von Pegida, Opfer der AfD, Opfer von neonazistischen Terrorgruppen, Opfer vom Naziaufmarsch. Und sie können sich einfach nicht erklären, wo diese rechten Strukturen herkommen könnten! Ein perfider Weg, sich vor Verantwortungsübernahme zu drücken!
Dabei und dadurch tun Dresden und Sachsen viel zu wenig gegen faschistische Strukturen. Durch gewählte rechte Parteien sind diese faschistischen Strukturen hingegen Teil von ihnen. Gerade an der AfD, ihrer Kranzniederlegung und ihren Forderung nach einem noch stärkeren Gedenken am 13. Februar wird deutlich wie notwendig es ist ein klares Zeichen gegen den Opfermythos zu setzen. Es ist nun mal nicht möglich einfach zu behaupten, dass das bürgerliche Gedenken nichts mit rechten Vorstellungen zu tun hätte und dass das bürgerliche Gedenken nur zur Förderung von Frieden da wäre. Vielmehr tritt die absolute Brutalität des Nationalsozialismus in den Hintergrund und zeigt wie rechte und bürgerliche Ansichten sich vermischen und die Gesellschaft weiter nach rechts rücken lassen.
Ein weiteres Beispiel für die fehlende Übernahme von Verantwortung zeigt sich im Stadtbild von Dresden. Die nationalsozialistische Vergangenheit wird zu großen Teilen unsichtbar gemacht. Es ist untragbar, dass nach wie vor jüdische Gemeinden für Gedenktafeln und Co. aufkommen und sich gegen Widerstände dafür einsetzen müssen. Gleichzeitig feiert die Stadt sich für den Wiederaufbau der Frauenkirche ab. Eine Kirche die zur Zeit des Nationalsozialismus ein wichtiger Bestandteil des deutschnationalen evangelischen Selbstverständnis war. Nur unter starker Geschichtsverfälschung kann die Frauenkirche ernsthaft als Zeichen für Frieden gesehen werden.
Welches Bild zeigt sich also? Deutschland und Dresden als Zeichen für Versöhnung und Frieden, deutsche Täter*innen als Opfer – fehlende Bereitschaft den nationalen Konsens zu brechen und Verantwortung für Faschismus in Vergangenheit und Gegenwart zu übernehmen.
Mit all dem bleibt Dresden auch in der Gegenwart eine Stadt der Täter*innen und des Täter*innenschutzes – antifaschistischer Widerstand wird kriminalisiert, rassistischer, antisemitischer und sexistischer Gewalt wird wenig bis gar nichts entgegengesetzt. Hier zeigt sich ein Zusammenhang, eine Fortsetzung von fehlender Verantwortungsübernahme, die dringend aufgebrochen werden muss!
Das, was am 13. Februar so deutlich sichtbar wird, ist leider das ganze Jahr über ebenfalls traurige Realität. Unsere Antwort auf diese Realität lautet deshalb feministischer Antifaschismus. Gerade jetzt, wo rechte Parteien wie die AfD alles dafür tun Selbstbestimmung und Gerechtigkeit zu unterbinden und den Opfermythos in Dresden zu stärken, ist es von dringender Notwendigkeit städtisches Gedenken zu hinterfragen und antifaschistischen feministischen Widerstand zu organisieren.
Teil rechter und bürgerlicher Strukturen ist nämlich auch ihr Antifeminismus bzw. in manchen Fällen ihre Vorstellungen von Feminismus, die über mangelnde Frauenquoten in Aufsichtsräten kaum hinausgehen. Wir wollen keinen Feminismus für wenige privilegierte Frauen, sondern einen Feminismus für viele. Feminismus darf sich nicht nur auf die Kritik von patriarchalen Strukturen beschränken sondern muss sich ebenso entschieden gegen antisemitische, rassistische und kapitalistische Machtverhältnisse stellen und diese angreifen. Feministischer Blockieren sieht eine breite feministische Bewegung als fähig, diese unterdrückenden Gesellschaftsstrukturen zu benennen und anzugreifen. Nur mit einem gemeinsamen Verständnis patriarchaler, rassistischer, kapitalistischer und faschistischer Strukturen kann eine tatsächliche, umfassende Verbesserung der unleugbar ungerechten Welt, in der wir leben, entstehen.
Wir kämpfen für eine breite feministische Bewegung, die antifaschistische Verantwortung gegen Nationalismus in Vergangenheit und Gegenwart übernimmt und das Potential hat, Geschichte aufzuarbeiten und konservativen und rechten Interessen etwas entgegen zu setzen.
Wir wollen einen Feminismus, der gegen sexualisierte Gewalt und Abtreibungsgegner*innen auf die Straße geht, aber auch gegen Rechtsruck und Faschismus, gegen Rassismus und Antisemitismus.
Feministischer Blockieren ruft auch hier nochmal für einen Protest am 13. und 15. Februar auf. Lasst uns gemeinsam auf die Straße gehen und dem Opfermythos etwas entgegen setzen!
Dies werden wir auch am 15. Februar tun, als feministischer Block in der Demonstration vom Hauptbahnhof aus – dort wollen wir solidarisch und feministisch miteinander den Naziaufmarsch verhindern!
Außerdem rufen wir nochmal zu weiterführenden antifaschistisch feministischen Kämpfen gegen die vermeintliche Neutralität der bürgerlichen Mitte und gegen die AfD und andere rechte Gruppen und Parteien auf – heute, übermorgen und den Rest des Jahres.
Für einen Widerstand gegen Faschismus und nationalen Konsens! Deutsche Täter*innen sind keine Opfer!